ZEROWASTE #4 - SLOW FASHION
- Corinna
- 12. Feb. 2018
- 5 Min. Lesezeit
ZERO WASTE FEBRUAR: Klappe, die VIERTE! Heute werfen wir einen Blick in unsere (zu vollen) Kleiderschränke! Ich freue mich so sehr, dass uns heute die liebe Corinna als Gastautorin einen Einblick in FAIR FASHION gibt und ihren Weg zu nachhaltiger Mode mit uns teilt. Nochmals VIELEN DANK an Corinna für diesen tollen Beitrag zum ZERO WASTE FEBRUAR!
Jetzt wünsch ich Dir viel Freude beim Blogpost von Corinna!
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Kleiderschrank Detox: meine Geschichte zu Slow Fashion

Kleid: Peopletree (bio & fair), Strumpfhose: Swedish Stockings (aus recyceltem Garn), Socken: Dedicated (bio & fair), Schuhe: Vegetarian Shoes (fair produziert). Foto by Julia Pommerenke
Es ist morgens 7:30 Uhr und ich stehe, von einem auf den anderen Fuß steigend, unruhig vor meinem Kleiderschrank, der aus allen Nähten platzt. "Was ziehe ich nur an?" rauscht es mir immer wieder durch den Kopf. Heute Vormittag die Präsentation vor dem ganzen Team, heute Abend ein Date mit einer guten Freundin, die ich schon lange nicht gesehen habe. Meine Hände fliegen über die Kleiderbügel. Das blaue Langarm Kleid vielleicht? Aber das schneidet am Bauch immer so ein, also vielleicht doch nicht so gut für so einen langen Tag. Die nude-farbene, leicht transparente Bluse vielleicht, die sieht doch edel aus. Aber andererseits, in diesem Polyester Stoff schwitzt man so schnell. Ich wühle mich durch die T-Shirt-Stapel und halte mir eins nach dem anderen vor die Brust. Ok, das dunkelgrüne Shirt mit der Raffung hatte ich schon lange nicht mehr an, das ist doch eigentlich ganz hübsch. Nur welche Weste dazu?? Keine passt so richtig zu diesem Schnitt und überhaupt, zu der Farbe. Unzufrieden starre ich auf den Klamottenberg, den ich schon auf die Couch geworfen habe, schiele auf die Uhr, die mittlerweile schon auf 7:40 Uhr gezogen ist, und überlege nochmal, ob mein schwarzes Kleid eigentlich gerade im Wäschekorb ist oder in dem Kleiderhaufen im Bad. Dann entscheide ich mich kurzer Hand für die gleiche Jeans wie gestern und dazu den dunklen Pulli. Und nehme mir vor, dringend meinen Schrank auszumisten, damit ich nicht jeden Morgen dieses Déjà-Vu durchlebe....
Hallo, ich bin Corinna aus Stuttgart, und ich habe die Ehre, heute einen Gastbeitrag auf Verenas Blog zu schreiben. Normalerweise blogge ich auf www.kissenundkarma.de über faire Mode, (Eco-)Interior Design und einen nachhaltigen Lifestyle im Allgemeinen. Die Situation oben beschreibt aber ganz gut, wie ich vor ca. 4-5 Jahren oft in den Tag gestartet bin - mit einem viel zu vollen Schrank und der ewig wiederkehrenden Frage, die sich wohl jede Frau unzählige Male im Laufe ihres Lebens stellt: Was soll ich heute anziehen?
Mittlerweile geht es mir damit schon viel besser, denn mein Schrank hat sich deutlich reduziert und die einzelnen Stücke sind weniger, aber hochwertiger geworden. Zum einen gefrustet von der Qual der Wahl und zum anderen erschrocken über die entsetzlichen Bedingungen, unter denen die meisten meiner Kleidungsstücke wohl hergestellt wurden, kam ich Anfang 2015 erst mal zu einem mehrmonatigen Konsum-Stopp. Falls du die Doku "The True Cost" noch nicht gesehen hast, kann ich sie dir nur wirklich sehr ans Herz legen, denn sie beleuchtet sehr eindrucksvoll, wie die heutige Modeindustrie dank der Globalisierung funktioniert und wie es möglich ist, dass wir nicht nur bei Primark, sondern auch bei H&M, Mango und Zara Shirts für unter 10€ kaufen können. Nachdem ich diesen Film gesehen hatte, wurde mir klar: Ich muss mein Konsumverhalten verändern. Ich bin eine von Hunderttausenden, die die Nachfrage nach noch mehr Billigkleidung ankurbelt. Aber jetzt wo ich weiß, welche Bedingungen herrschen, wird mir fast schlecht davon, wenn ich in meinen Schrank schaue. Ich will nicht mehr dazu beitragen, dass Frauen und Mädchen wie du und ich in Asien ausgebeutet werden, bis zu 16 Stunden am Tag in einer schmutzigen, baufälligen Fabrik zu einem absoluten Niedriglohn nähen, nur damit ich mir noch ein vermeintliches Must-Have kaufen kann, welches dann doch kurze Zeit später undankbar in meinem Schrank liegt.

Quelle: https://quotefancy.com/quote/856050/Mahatma-Gandhi-There-is-no-beauty-in-the-finest-cloth-if-it-makes-hunger-and-unhappiness
Es kann doch nicht sein, dass die Hersteller mittlerweile 52 Kollektionen im Jahr rausbringen und es nichts Besonderes ist, wenn man sich wöchentlich neue Klamotten kauft. Dass es ganz normal ist, als Freizeitaktivität Shoppen anzugeben. Dass Hersteller wie H&M einerseits mit Recycling werben, aber andererseits Tonnenweise nicht verkaufte Kleidung verbrennen. Wohin mit dem ganzen Zeug in unseren Schränken? Was machen wir mit den ganzen Fehlkäufen und den Teilen, die wir doch nicht so oft tragen, weil das Material doch nicht so angenehm ist, das Shirt zwickt, die Hose einengt oder der Trend eigentlich schon vorbei ist? Wenn man sich doch nicht wohl fühlt, landet das Shirt oder der Rock schnell weiter hinten im Kleiderschrank – oder im Altkleidersack. Und so wächst der Bestand von minderwertiger Kleidung immer weiter an. Ein Teufelskreis.
Ich wollte nicht radikal verzichten, aber irgendwann vor einigen Jahren fing ich an, nach Alternativen zu suchen, mich zu informieren und die konventionellen Hersteller zu hinterfragen. Und habe mich auf eine Reise zu einem nachhaltigeren Kleiderschrank gemacht. Denn die gute Nachricht ist: es gibt sie, die Alternativen.
Marken, die mit z.B. Bio-Baumwolle, Bambus, Tencel oder recycelten Materialien unter fairen Bedingungen produzieren, die einen Arbeitsplatz schaffen, bei dem Gewerkschaften und Urlaub machen erlaubt ist, bei dem die Näherinnen genug bezahlt bekommen, dass sie ihre Kinder zur Schule schicken können anstatt in eine Fabrik. Fair Fashion oder Secondhand Stücke, Qualität statt Quantität. Wenn man auf fair produzierte Mode umsteigt, passiert das automatisch, denn die Stücke kosten - wenn weder Natur noch Arbeiter ausgebeutet werden - natürlich etwas mehr als der Durchschnitt. Aber auch für den kleinen Geldbeutel lässt sich einiges finden. Und wenn man sich statt drei T-Shirts nur noch eins leisten kann, sich dafür dann aber umso mehr darauf freut, weil man dafür gespart hat, wird es einem umso bewusster. Das Wichtige ist, sich mit der Herkunft der Kleidung und den Produktionsbedingungen auseinander zu setzen, Kleidung wieder mehr wert zu schätzen, und ganz bewusst zu kaufen - oder eben auch mal hängen zu lassen.
Wenn ich etwas neu kaufe, achte ich auf Zertifizierungen wie das GOTS-Siegel (global organic textile standard; ökologische und soziale Kriterien) oder das der Fair Wear Foundation (soziale Produktionsbedingungen). Es gibt aber auch schon einige Fair Fashion Shops, wie zB Glore, Greenality, Zündstoff oder den Avocado-Store, die ausschließlich nachhaltig produzierte Kleidung anbieten. Alternativ schaue ich in Secondhand-Läden oder bei Apps wie Kleiderkreisel, denn auf Vorhandenes zurückzugreifen ist auch eine gute Möglichkeit, die Ressourcen sowie den eigenen Geldbeutel zu schonen. In diesem Post habe ich euch einige Shops und Marken verlinkt.
Mittlerweile spiele ich schon länger mit dem Gedanken, auf eine Capsule Wardrobe umzusteigen: für jede Jahreszeit eine festgelegte Anzahl von
(Lieblings-) Kleidungsstücken auszuwählen, die gut miteinander kombinierbar sind, und jede Menge Luft im Kleiderschrank lassen. Durch die beschränkte Auswahl erleichtert man sich die tägliche Outfit-Entscheidung, eliminiert ungeliebte Teile und schont dabei auch noch die Umwelt, da man nicht zu Fehl- oder Spontan-Käufen angeregt wird. Wenn es so weit ist, werde ich auf jeden Fall auf meinem Blog davon berichten. 😊 Und der Frühling wäre sicherlich eine wunderbare Zeit, um dem Kleiderschrank eine Detox Pause zu gönnen und zu schauen, wie es sich mit allgemein weniger Teilen, dafür mehr Luft anfühlt. Denn bei einem bin ich mir sicher: weniger ist mehr.
Alles Liebe,
eure Corinna
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Corinna und ich haben uns vergangenen November auf der Veggie & frei von in Stuttgart kennengelernt und uns schnell in ein Gespräch über verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte vertieft. Durch diesen Austausch hatsch mein Horizont was faire Kleidung angeht auf jeden Fall sehr erweitert. Ich finde es so wertvoll durch gegenseitigen Austausch von einander lernen zu können. Wenn Du Corinna bis jetzt noch nicht kanntet, solltest Du definitiv einen Blick auf Ihre Seiten werfen!
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