top of page

Das letzte Mal - nach fast 10 Jahren

  • Autorenbild: Admin
    Admin
  • 11. Juni 2018
  • 4 Min. Lesezeit

Circa 8 Jahre hat es gedauert, bis ich "Heute geh ich noch zu meiner Therapeutin." so frei und offen kommunizieren konnte, wie "Ich geh später noch zum Sport!". Psychotherapie ist meinen Empfindungen nach trotz großer Dynamik und positiver Entwicklungen noch immer mit einem Tabu besetzt. Einerseits werden Leute, die zum "Seelenklemptner" gehen, belächelt und auf der anderen Seite ist es mittlerweile auch in Deutschland Gang und Gäbe, einen Coach oder Mentor zu haben. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich diesen Beitrag schreiben soll ... es fällt mir nicht leicht darüber zu sprechen... - so in der Art hätte ich bis vor kurzem noch dem Tabu entsprechend diesen Beitrag begonnen. Als am vergangenen Mittwoch zum letzten Mal die Praxistür meiner Therapeutin ins Schloss fiel, wusste ich sofort, dass ich darüber schreiben möchte. Ich habe NICHT lange darüber nachgedacht (vielleicht zweimal) und NEIN, es fällt mir nicht schwer.


Meine Therapie-Dekade


Das erste Mal saß ich im Sommer 2009 einer Therapeutin gegenüber. Damals war ich knappe 15 Jahre alt. In den Jahren kamen 6 feste Therapeuten und weitere Beratungs-/Erstgespräche zusammen. 8 Monate war ich stationärer Behandlung, der Rest fand ambulant statt. Dieser Beitrag bezieht sich auf meine ambulanten Erfahrungen. In der Summe müsste ich zwischen 400 und 500 Therapiesitzungen wahrgenommen haben. Bei einer Neuvorstellung hätte ich irgendwann am liebsten eine Kassette mit einer Zusammenfassung meines bisherigen Lebens und meiner Krankheit abgespielt. Warum ich genau Therapie gemacht habe, kannst Du ganz ausführlich im Podcast von Kira Siefert nachhören - kurz gesagt wegen Depressionen, Ess-, Angst- und Wahrnehmungsstörungen.





Meine Erfahrungen


Wie in jeder Berufssparte gibt es solche und solche. Ich habe vieles erlebt. Viel davon war positiv, einiges auch negativ und mache Sachen in meinen Augen sehr merkwürdig. zum Beispiel wurde mir in einem Erstgespräch von einem Therapeuten geraten, ich solle Bier und Schinken kaufen (Fleisch entspricht Begierde), mich mit einem Mann und treffen und mit ihm schlafen. Äh ja, kein Kommentar. Auch wenn ich mitunter schlechte Erfahrungen gemacht habe, würde ich jedem, der überlegt eine Therapie zu beginnen, grundsätzlich nicht davon abraten, sondern eher dazu ermutigen. Man sollte auf jeden Fall Erstgespräche bei verschiedenen Therapeuten wahrnehmen. Diese sind unverbindlich und werden grundsätzlich von der Krankenkasse übernommen. Bei mir wurden alle Therapien bis heute zu 100% von meiner Krankenkasse (gesetzlich) übernommen. Das muss aber natürlich immer im Einzelfall geklärt werden. Warum eine Therapie? - Meiner Meinung nach kann man sich alleine nicht vergleichbar reflektieren. Den Effekt bemerkt man schon, wenn man sich einfach nur mit jemandem über ein Thema unterhält - plötzlich sieht man etwas aus einer anderen Perspektive bzw. fühlt sich erleichtert, weil man es "losgeworden" ist. Das ist auch der Grund, warum sich viele Menschen einen Lifecoach zur Seite nehmen.


Zwei wichtige Erkenntnisse:

Zu Beginn hatte ich lange die Überzeugung, dass mich die wöchentlichen Therapiesitzungen gesund machen. Frei nach dem Motto: Ich gehe hin und der Therapeut sagt mir, was zu tun ist und dadurch geht mir besser - ähm nein. In den ersten Jahren war ich einfach nur froh, jemanden außerhalb meines Alltags zum Reden zu haben. Ich konnte all meine komischen Gedanken, Empfindungen und Verhaltungsweisen aussprechen und wurde dafür nicht verurteilt. Außerdem habe ich schonmal fast 2 Jahre gebraucht, bis ich wusste, warum ich eigenltich erkrankt bin. Im Grunde kann man sich oft nur selbst helfen. Psychotherapie bedeutet für mich deshalb auch Hilfe zur Selbsthilfe. Ein weiterer Knackpunkt ist auf jeden Fall, dass man selbst WIRKLICH bereit sein muss, etwas zu ändern und aktiv an sich zu arbeiten. Ja das ist anstrengend, langwierig und man muss viele Rückschläge einstecken.


Im Bereich psychischer und psychosomatischer Erkrankungen finde ich es sehr schwierig grundsätzliche Ratschläge zu geben. Jeder ist anders und jedes Krankheitsbild hat so viele verschiedene Ausprägungen. Außerdem gibt es verschiedene therapeutische Arbeitsweisen. Hier lassen sich beispielsweise Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie oder analytische Therapie unterscheiden. Hier informierst Du Dich am besten selbst, da ich nur oberflächliche Kenntnisse habe und keine falschen Informationen verbreiten möchte.


Oft waren die 50 Minuten pro Woche einfach eine Auszeit. Manchmal habe ich verärgert die Stunde verlassen, weil ich mich total missverstanden fühlte und an anderen Tagen gingen mir gefühlt 1000 Lichter auf und ich konnte neue Zusammenhänge verstehen. Das war vor allem während meiner letzten Therapie der Fall. Diese ging 4 Jahre lang.


Mein Ergebnis


Zurückblickend kann ich heute sagen: Durch meine Erkrankungen wusste ich nicht mehr, wer ich war, was ich wollte und wer ich sein wollte. Oft fühlte ich mich wie eine leere Hülle, die sich irgendwie durchs Leben quälte. Heute bin ich Verena. Ich bin stolz auf das, was ich bis jetzt erreicht habe, lebe im (überwiegend) im Hier und Jetzt und freue mich auf die Zukunft. Ich bin eine offene, hilfsbereite Person, die gerne schreibt und sich für Nachhaltigkeit einsetzt. Ich bin höchst sensibel und muss mir meine Kräfte gut einteilen. Ich habe vielleicht intensivere Höhen und Tiefen und öfters mit gedrückter Stimmung zu kämpfen, als "normale" Menschen. Dennoch bin ich kein Alien (so wie ich es oftmals empfunden habe). Natürlich kenne ich die Gedanken, was wäre, wenn ich nicht erkrankt wäre. Allerdings hat mich meine Vergangenheit zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin und ich möchte kein anderer sein.




Falls Dich dieses Thema näher interessiert, lass es mich gerne per Mail, Instagram oder Facebook wissen! Außerdem freue ich mich sehr über Rückmeldungen jeglicher Art!


Alles Liebe










erena





Das könnte Dich interessieren:






Comentarios


RECENT POSTS
SEARCH BY TAGS
ARCHIVE
bottom of page